Kassenärztliche Vereinigung Bayerns (KVB)Ausdruck vom 21.11.2024 10:28 Uhr
Informationen über Heil- und Hilfsmittel
Heilmittel
Heilmittel sind persönlich zu erbringende, ärztlich verordnete medizinische Leistungen. Darunter fallen Maßnahmen der Podologie, Physikalischen Therapie, Logopädie, Ergotherapie und Ernährungstherapie.
Es handelt sich um die Verordnung von Heilmitteln für schwerkranke Patienten. Diese Heilmittel werden meist für einen begrenzten Zeitraum, jedoch in einem intensiven Ausmaß benötigt. Ein spezielles Genehmigungsverfahren für besondere Verordnungsbedarfe ist nicht vorgesehen.
Hinweis: Die Kosten für diese Verordnungen werden bei Wirtschaftlichkeitsprüfungen aus dem Verordnungsvolumen des Vertragsarztes herausgerechnet.
Praxisbesonderheiten werden unter der Bezeichnung "besondere Verordnungsbedarfe" in Anhang 1 der bundesweiten Rahmenvorgaben für Wirtschaftlichkeitsprüfungen aufgeführt. Die Diagnosen des "langfristigen Heilmittelbedarfs" sind als Anlage 2 zur Heilmittel-Richtlinie gelistet.
Zusammengefasst werden diese Diagnosen in einer Diagnoseliste (siehe unten).
Verordnungsmenge
Wird der besondere Verordnungsbedarf und der langfristige Heilmittelbedarf verordnet, können die Heilmittel auf einer Verordnung für einen Zeitraum von maximal 12 Wochen verordnet werden. Dabei ist die Verordnungsmenge so zu bemessen, dass mindestens eine ärztliche Untersuchung innerhalb von 12 Wochen gewährleistet ist.
Gelistete Diagnosen
Bei welchen Erkrankungen vom Vorliegen eines langfristigen Heilmittelbedarfs auszugehen ist, definiert der G-BA in der Anlage 2 der Heilmittel-Richtlinie.
Für die Diagnosen des langfristigen Heilmittelbedarfs ist kein Antrags- bzw. Genehmigungsverfahren durchzuführen.
Nicht gelistete Diagnosen
Patienten mit einer schweren dauerhaften funktionellen/strukturellen Schädigung, die nicht in der Anlage 2 gelistet wird, können auch weiterhin gegenüber der Krankenkasse eine Feststellung beantragen, ob im Einzelfall ein langfristiger Heilmittelbedarf besteht und die medizinisch notwendigen Heilmittel langfristig genehmigt werden können. Dem Antrag fügt der Patient eine Kopie der gültigen und vollständig ausgefüllten Verordnung bei.
Voraussetzungen
- Eine Schwere und Langfristigkeit kann sich auch aus der Summe mehrerer einzelner funktioneller/struktureller Schädigungen und Beeinträchtigungen der individuellen Aktivitäten ergeben, die für sich allein die Kriterien nicht erfüllen, insgesamt betrachtet jedoch einen Therapiebedarf begründen, der hinsichtlich Dauer und Umfang auch bei Diagnosen gemäß Anlage 2 zu erwarten ist.
- Von einer Dauerhaftigkeit oder Langfristigkeit ist auszugehen, wenn ein Therapiebedarf mit Heilmitteln von mindestens einem Jahr nachgewiesen ist.
Hinweis: Verordnungen im Rahmen des langfristigen Heilmittelbedarfs unterliegen nicht den Wirtschaftlichkeitsprüfungen.
Die Maßnahmen der Ergotherapie (Beschäftigungs- und Arbeitstherapie) dienen der Wiederherstellung, Besserung, Erhaltung, Aufbau oder Stabilisierung oder Kompensation der krankheitsbedingt gestörten motorischen, sensomotorischen, perzeptiven und mentalen Funktionen und Fähigkeiten.
Grundsätzlich kann sowohl der Hausarzt als auch der Facharzt (z. B. Neurologe) eine Ergotherapie verordnen. Nachdem gegebenenfalls eine Eingangsdiagnostik durchzuführen ist, wird die erste Verordnung überwiegend von einem Facharzt ausgestellt. Weitere Verordnungen sind durch Hausärzte verordnungsfähig, sofern ihnen eine aktuelle Befunderhebung möglich ist bzw. vorliegt.
Psychologische Psychotherapeuten sowie Kinder- und Jugendlichenpsychotherapeuten dürfen ebenfalls Ergotherapie verordnen, allerdings nur bei psychischen Erkrankungen sowie bei bestimmten Erkrankungen des zentralen Nervensystems und bei Entwicklungsstörungen.
Eine ambulante Ernährungstherapie (Diätetik, Diättherapie) kann für Patienten mit seltenen angeborenen Stoffwechselerkrankungen (z. B. Galaktosämie, PKU), wenn die Ernährungstherapie als alternativlose Maßnahme gilt, da ansonsten Tod oder Behinderung drohen, und für Patienten mit Mukoviszidose (Cystische Fibrose) verordnet werden.
Die Therapie richtet sich neben Patienten auch an deren relevante Bezugspersonen. Ziele sind eine verbesserte Lebenserwartung, eine altersgemäße, körperliche und geistige Entwicklung und die Verhütung von Krankheitsfolgen beziehungsweise die Vermeidung von Komplikationen.
Die Ernährungstherapie wird in der Regel als Einzeltherapie verordnet. Sie ist aber auch als Gruppentherapie möglich.
Verordnet werden Behandlungseinheiten à 30 Minuten. Die Verordnungsmenge ist lediglich durch den 12-Wochen-Bedarf pro Verordnung begrenzt. Die Festlegung der Frequenz und Häufigkeit pro Tag erfolgt symptom- und bedarfsorientiert durch den Therapeuten und in enger Abstimmung mit dem verordnenden Arzt.
Maßnahmen der Physikalischen Therapie entfalten ihre Wirkung insbesondere nach physikalisch-biologischem Prinzip durch überwiegend von außen vermittelte kinetische, mechanische, elektrische und thermische Energie.
Zu den Maßnahmen der Physiotherapie gehören:
- Massagetherapie
- Bewegungstherapie
- Traktionsbehandlung
- Elektrotherapie
- Kohlensäurebäder und Kohlensäuregasbäder
- Inhalationstherapie
- Thermotherapie
Die Podologie ist neben dem diabetischen Fußsyndrom und zur Behandlung von Schädigungen der Haut und der Zehennägel bei nachweisbaren Gefühlsstörungen der Füße mit oder ohne Durchblutungsstörungen der Füße, die mit denen des diabetischen Fußsyndroms vergleichbar sind (vgl. § 27 Abs. 1 HeilM-RL), möglich.
Voraussetzungen einer solchen Vergleichbarkeit sind ein herabgesetztes Schmerzempfinden und eine autonome Schädigung (gestörte vegetative Funktion) im Bereich der unteren Extremitäten aufgrund einer sensiblen oder sensomotorischen Neuropathie oder eines neuropathischen Schädigungsbildes als Folge eines Querschnittsyndroms.
Mit Hilfe einer Nagelspangenbehandlung können bei eingewachsenen Fußnägeln Fehlstellungen korrigiert und ein zukünftiges Einwachsen verhindert werden.
Maßnahmen der Stimm-, Sprech-, Sprach- und Schlucktherapie entfalten ihre Wirkung auf phoniatrischen und neurophysiologischen Grundlagen und dienen dazu, die Kommunikationsfähigkeit, die Stimmgebung, das Sprechen, die Sprache und den Schluckakt bei krankheitsbedingten Störungen wiederherzustellen, zu verbessern oder eine Verschlechterung zu vermeiden.
Grundsätzlich können Hausärzte und Fachärzte (z. B. HNO, Neurologe, Pneumologe) die Therapie verordnen. Da eine störungsbildabhängige Diagnostik (z. B. Tonaudiogramm) durchzuführen ist, wird die erste Verordnung überwiegend von einem Facharzt ausgestellt. Hausärzte können jedoch auf zeitnah erhobene Fremdbefunde zurückgreifen. Weitere Verordnungen durch Hausärzte sind möglich, sofern eine aktuelle Befunderhebung möglich ist bzw. vorliegt.
Hilfsmittel
Hilfsmittel sind Gegenstände, die im Einzelfall erforderlich sind, um durch ersetzende, unterstützende oder entlastende Wirkung den Erfolg einer Krankenbehandlung zu sichern, einer drohenden Behinderung vorzubeugen oder eine Behinderung auszugleichen.
Hilfsmittel können auch technische Produkte sein, die dazu dienen, Arzneimittel oder andere Therapeutika in den menschlichen Körper einzubringen (z. B. bestimmte Spritzen, Inhalationsgeräte oder Applikationshilfen).
Zu Hilfsmitteln gehören:
- Seh- und Hörhilfen (Brillen, Hörgeräte)
- Körperersatzstücke (Prothesen)
- orthopädische Hilfsmittel (orthopädische Schuhe, Rollstühle)
- andere Hilfsmittel (z. B. Inkontinenz- und Stoma-Artikel)
Hilfsmittel von geringem therapeutischem Nutzen oder geringem Abgabepreis, z. B. Alkoholtupfer, Augenklappen, Applikationshilfen für Wärme/Kälte, Fingerschienen und Urinflaschen sind nicht zulasten der GKV verordnungsfähig.
Bitte beachten: Blut- und Harnteststreifen werden den Arzneimitteln, nicht den Hilfsmitteln, zugeordnet!
Sie sind auch im Falle einer Hilfsmittelverordnung dem Wirtschaftlichkeitsgebot (§ 12 SGB V) verpflichtet. Ihre Patientinnen und Patienten sollten sich mit dem Rezept an ihre Krankenkasse wenden, denn dort werden ihnen Hilfsmittelanbieter genannt, die einen Versorgungsvertrag mit der jeweiligen Krankenkasse abgeschlossen haben. Wählen Patientinnen/Patienten Hilfsmittel oder zusätzliche Leistungen, die über das Maß des Notwendigen hinausgehen, haben sie die Mehrkosten und dadurch bedingte höhere Folgekosten selbst zu tragen.
Das Hilfsmittelverzeichnis wird unter Berücksichtigung der relevanten gesetzlichen Vorschriften vom GKV-Spitzenverband erstellt und fortlaufend aktualisiert. Die am Markt erhältlichen Produkte werden entsprechend ihrer Einsatzgebiete verschiedenen Produktgruppen zugeordnet. In jeder Produktgruppe wird eine systematische Unterteilung in Anwendungsorte, Untergruppen und Produktarten vorgenommen. Einzelprodukte sind unter den Produktarten subsumiert. Hilfsmittel ähnlicher oder gleicher Funktion bzw. medizinischer Zweckbestimmung sind jeweils in einer Produktart subsumiert. Für jede Produktart ist ein Indikationsrahmen angegeben.
Grundsätzlich ist die Kostenübernahme für Hilfsmittel durch die GKV nur möglich, wenn die Produkte im Hilfsmittelverzeichnis gelistet sind. Zwar ist das Hilfsmittelverzeichnis nicht abschließend, allerdings entfaltet es eine marktsteuernde Wirkung. Für im Hilfsmittelverzeichnis nicht gelistete Hilfsmittel empfehlen wir mit der kostentragenden Krankenkasse vorab Kontakt aufzunehmen.
Für Verordnungen von Hilfsmitteln, die im Hilfsmittelverzeichnis aufgeführt werden, ist grundsätzlich kein Genehmigungsverfahren vorgesehen. Maßnahmen, die ggf. im Zusammenhang mit der Abgabe des Hilfsmittels notwendig werden könnten, wie z. B. einen Kostenvoranschlag an die Krankenkasse senden, werden durch die das Hilfsmittel abgebende Stelle erledigt.
Das Hilfsmittel ist so eindeutig wie möglich zu bezeichnen. Unter Nennung der Diagnose und des Datums ist insbesondere anzugeben:
- die Bezeichnung des Hilfsmittels nach Maßgabe des Hilfsmittelverzeichnisses (soweit dort aufgeführt)
- die Anzahl
- erforderlichenfalls Hinweise (z. B. über Zweckbestimmung, Art der Herstellung, Material, Abmessungen), die eine funktionsgerechte Anfertigung, Zurichtung oder Abänderung durch den Leistungserbringer gewährleisten
- erforderlichenfalls ergänzende Hinweise auf spezifische Bedarfe entsprechend der Gesamtbetrachtung nach § 6 Absatz 3 Satz 2 HilfsM-RL
Ggf. sind die notwendigen Angaben der Verordnung gesondert beizufügen. Werden Menschen mit mehrfachen Behinderungen mit Hilfsmitteln versorgt, besteht die Gefahr, dass das Hilfsmittel zwar grundsätzlich geeignet wäre, um einzelne spezifische Funktionsdefizite auszugleichen, dies aber nicht gelingt, weil zum Beispiel Handhabungsprobleme aufgrund einer weiteren Behinderung bestehen. In diesen Fällen ist es erforderlich, dass die Funktionalität des Hilfsmittels den individuellen Bedürfnissen des Patienten entspricht.
Sie haben die Möglichkeit das Hilfsmittel unter der Bezeichnung der Produktart (z. B. Kompressionswadenstrümpfe KKL II) oder der 7-stelligen Positionsnummer (z. B. 17.06.01.1) zu verordnen. Der Leistungserbringer wählt das Einzelprodukt unter Berücksichtigung des Wirtschaftlichkeitsgebots bzw. gegebenenfalls Lieferverträge mit den Krankenkassen aus.
Die Verordnung eines Hilfsmittels unter seinem Herstellernamen sowie eines nicht im Hilfsmittelverzeichnis aufgeführten Hilfsmittels bedarf einer entsprechenden Begründung.
Zur Vereinfachung der Abgrenzung der Leistungszuständigkeit bei der Gewährung von Hilfsmitteln und Pflegehilfsmitteln hat der GKV-Spitzenverband in der Richtlinie die Hilfsmittel und Pflegehilfsmittel mit Doppelfunktion bestimmt.
Sie können sowohl Vorsorgezwecken, der Krankenbehandlung, der Vorbeugung einer drohenden Behinderung oder dem Behinderungsausgleich als auch der Pflegeerleichterung, der Linderung von Beschwerden des Pflegebedürftigen oder der Ermöglichung einer selbständigeren Lebensführung dienen.
Die Richtlinie legt das Verhältnis zur Aufteilung der Ausgaben für die doppelfunktionalen Hilfsmittel zwischen gesetzlicher Krankenversicherung und sozialer Pflegeversicherung für alle Kassen nach einheitlichen Maßstäben fest.
Ein "Abgrenzungskatalog" der Spitzenverbände der Krankenkassen führt Hilfsmittel bei vollstationärer Pflege auf, die grundsätzlich zur Ausstattung eines Pflegeheims zählen bzw. für die Leistungspflicht der Krankenkasse nach § 33 SGB V besteht.
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